Amphitryon

Heinrich von Kleist

Premiere am 19. Februar 2010, Staatstheater Cottbus großes Haus

——————————————————————

Inszenierung: Ingo Putz

Ausstattung: Mirjam Benkner

Musik: Susanne Paul

Dramaturgie: Guido Neubert

Fotos: Marlies Kross

——————————————————————

——————————————————————

——————————————————————

——————————————————————

Besetzung

Alkmene: Johanna Emil Fülle

Amphitryon: Thomas Harms

Jupiter: Johanna Julia Spitzer

Sosias: Roland Schroll

Charis: Sigrun Fischer

Merkur: Berndt Stichler

——————————————————————

Pressestimmen

Die deutsche Bühne 11/2011

im Artikel „Kein Pathos, Kein Alltagston“ S. 28 -31


04/11 in „Blicklicht“ von Christiane Freitag

Die Cottbusser Inszenierung versteht es dabei genau, den Zuscher auf diesen schmalen Pfad von Tragik und Komik zu führen. Entgegen der vermeintlichen Langeweile, die das Stück an sich vielleicht versprechen mag, bietet diese Inszenierung eine Menge Spaß und Überraschungen(…)Mit Abweichungen vom Originalwerk und aktuellen Bezügen, ist eine ganz eigenständige Inszenierung geschaffen worden, die man sich unbedingt ansehen sollte. Denn Tragik und Komik liegen in diesem Stück so nah beieinander, dass man sie zuweilen gar nicht mehr zu unterscheiden vermag. (…) Der Zuschauer erlebt in dieser Inszenierung ein spielstarkes und gereiftes Cottbusser Schauspielensemble, wie man es in einigen anderen Inszenierungen vermisst hat.(…)

Diese Inszenierung anlässlich des 200.Todestages von Kleist ist etwas sehr Einzigartiges geworden. Ingo Putz (…) und das gesamte Ensemble schufen eine Inszenierung, die keineswegs alt, steif oder verstaubt ist, sondern vielmehr anregend, aufregend, keck und charmant. Einfach großartig!

Link zum vollständigen Artikel

Info-Radio vom rbb, 21.2.2011

von Harald Asel:

… Johanna Emil Fülle, die Alkmene in Cottbus, hat die Bühne über den Zuschauer-Raum schon verlassen, dann wirft sie das „Ach“ wie ein Zitat ihrem Mann vor die Füße. Eine Befreite geht davon und lässt die Konventionen, die Erwartungen der Menschen wie die Selbstverliebtheit der Götter hinter sich. Überhaupt dreht sich in dieser Produktion alles um Alkmene – im wahrsten Sinne des Wortes, denn auf einer schiefen, bisweilen rotierenden runden Ebene, auf dem Präsentierteller also, ist sie weniger ein Opfer als vielmehr die Beobachtende, allmählich Begreifende. Und so scheint sie in sich zu ruhen – sie bewegt ihre Hüften mit dem Diadem, an dem das verräterische J für Jupiter zu sehen ist, wie eine Bauchtänzerin, und sie richtet ihre Anklagen gegen Ende immer gegen beide Amphitryone. Ingo Putz, der Gast-Regisseur, hat ihr einen Jupiter beigesellt, der ebenfalls aus der vorgefertigten Rolle fällt: Johanna-Julia Spitzer – in einer Welt, in der wir uns heute im Netz beliebige Identitäten geben können, ist das Andere der Götterwelt durch Geschlechtertausch dargestellt. Ihr nimmt man die Skrupel ab, daß sie Alkmene für den eigenen Spass benuzt hat. Es ist nicht die Ordnung, die sie wiederherstellen will, sondern ein echtes Verlangen, an die Stelle des Menschen Amphitryon zu treten.

So wie Jupiter in die Rolle Amphitryons schlüpft, sie aber nicht ausfüllt, so schlüpfte Kleist in der Zeit seiner berühmten „Kantkrise“ mit der Frage, wie wir die Wirklichkeit erkennen können, in die Rolle Molières, dessen Drama er nur übersetzen wollte, aus der gesellschaftskritischen Komödie aber ein tief existentielles Spiel machte. Wie schon Molière in die Haut des römischen Dichters Plautus schlüpfte, der eine heitere Verwechslungskomödie erfand, in denen die olympischen Götter merklich geschrumpft sind. In Cottbus gehen Putz und sein Team eine weitere Drehung und lassen das Dienerpaar Lieder von Peter Licht und anderen singen. Am Rande der Bühne sorgt eine Gitarristin nicht nur für ein grooviges Feeling, sondern auch für die nötigen Schlag- und Raufgeräusche. „Die Schwerkraft wird überbewertet“ trällert der Sosias, der echte, bevor er von Merkur in seiner eigenen Gestalt ziemlich gezaust wird. Roland Schroll darf zeigen, dass er eine Menge akrobatischer Spieltechniken drauf hat, unsichtbar verprügelt oder am Hemd gezogen wird er. Das kann er ziemlich gut. …


Märkische Allgemeine, 03. März 2011

von Martin Stefke:

… Hier liebt Jupiter Alkmene. Und wie! Regisseur Ingo Putz hat große Leidenschaft inszeniert. Johanna Emil Fülle spielt ihre Alkmene als sehnsüchtig Liebende, Johanna-Julia Spitzer einen ungemein sanften, zweifelnden Jupiter. Zwei Frauen? Ja. Und gerade wegen dieses Kunstgriffs ist die ungewöhnliche Beziehung in Cottbus kein Abenteuer, keine Inbesitznahme, sondern ein großes, ernst zu nehmendes Fühlen, ein Austausch von Zärtlichkeit, ein ewiger Abschied. Das hat etwas Göttliches. …

… Bedeutender als das Göttliche ist in Cottbus allerdings die große Liebe. Einmal entgleiten die Hände von Alkmene und Jupiter einander, Nur noch ihre Fingerspitzen berühren sich, da der Gott sie verlässt, indem er sich rückwärtsgehend von ihr entfernt. Ein Bild entsteht wie aus Michelangelos „Erschaffung der Welt“. Das ist wunderbar, gerade weil auch dieses Spiel Kleists Vorlage vertraut und hinter all der Leichtigkeit und dem Licht stets das ganz große Drama zu erkennen bleibt.

Link zum vollstädigen Artikel


Märkische Oderzeitung, 20. Februar 2011

von Uwe Stiehler

… Jupiter ist höchst sensibel, leicht kränkbar, eitel, total verliebt, zärtlich, von Liebeskummer geplagt und dann wieder unnahbar, und er kann als betrogener Betrüger sehr melancholisch werden. Dieser Jupiter erkennt schon, als er sich nach jener delikaten Nacht von Alkmene (Johanna Emil Fülle) verabschiedet, dass die erlogene Zuneigung kein Glanzstück göttlicher Allmacht, sondern ein Armutszeugnis für überirdischen Egoismus ist. Aufgewühlt, das gebrochene Herz spürend, windet sich Jupiter um seine Niederlage herum, die er zu verschleiern sucht.

… Thomas Harms lebt in dem Feldherren Thebens jene Ironie aus, mit der Kleist sein Identitätskrisenstück als Lustspiel tarnte. Der Feldherr ist der kleine Mann mit großem Komplex, ein Weltbildzurechtbieger, empörter Zwerg mit aufgeplustertem und am Ende so leicht korrumpierbarem Ego. Harms gibt dem Stück eine Höhe, auf der noch Sigrun Fischer locker mitspielt. … wenn sie singt, dass sich Liebe anfühlt wie ein Bonbon im Mund oder manchmal wie Beton, dann ist das zwar nicht der reine Kleist, wie der Rest des Stückes. Aber trotzdem absolut hinreißend.

Link zum vollständigen Artikel

< Zurück