Draußen vor der Tür
Wolfgang Borchert
Premiere am 25. Mai 2012
Theater Pforzheim
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Inszenierung: Ingo Putz
Ausstattung: Ulrike Melnik
Dramaturgie: Georgia Eilert
Lichtdesign: Andreas Schmidt
Fotos: Sabine Haymann
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Besetzung
Beckmann: Falk Seifert
Tod, Der Andere, Der Einbeinige, Kabarettdirektor:
Die Elbe, Frau Oberst, Frau Kramer:
Die Elbe, Das Mädchen:
Gott, Oberst:
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Pressestimmen
Pforzheimer Zeitung vom 28.05.2012
von Rainer Würth
Theatralische Wucht vor karger Kulisse
( …)
Beeindruckende Bühnenpräsenz der Akteure
„(…) Welch theatralische Wucht dieses Stück auch heute noch zu entfalten vermag, zeigte Ingo Putz im Podium des Theaters Pforzheim auf beeindruckende Weise. Sehr eindringlich und ungeheuer intensiv inszenierte er diesen grandiosen Text. Karg ist der Spielraum (Bühne und Kostüme: Ulrike Melnik): Weiße Kleidungsstücke an Ständern, weiße Kleidungsstücke die von der Decke herab hängen, ein Tisch im Hintergrund an dem vier Schauspieler Platz nehmen und so manchmal an die Jury einer Casting-Show erinnern.
Jörg Bruckschen, Dario Krosely, Christine Schaller und Selda Vogelsang spielen nicht nur all die übrigen Figuren neben Beckmann (Falk Seifert). Sie sorgen auch für den Sound, die Geräusche des Stücks. Für das Gurgeln und Glucksen der Elbe beispielsweise, für den Klang des Xylophons aus Menschenknochen, das der alte General in Beckmanns Alpträumen unablässig spielt oder das bedrohliche Pochen der Prothese des Einbeinigen, dem Beckmann die Frau genommen hat. Denn auch das Opfer lädt Schuld auf sich in „Draussen vor der Tür“.
Schnell schlüpfen die vier Schauspieler von einer Rolle in die andere. Dies erfordert Präzision und konzentriertes Spiel. Und dies gelingt immer – die Präsenz der Akteure ist beeindruckend. Krosely als zynischer Oberst, Bruckschen als Kabarettdirektor oder die Elbe – zweistimmig von Vogelsang und Schaller gesprochen, eine großartige Idee. Nie reißt der Spannungsfaden. Das liegt natürlich auch an der Präsenz und der schauspielerischen Qualität von Falk Seifert in der Hauptrolle, als Beckmann, diesem verzweifelten Menschen, der nur noch Treibgut ist und zermahlen wird von einer Gegenwart, zu der er keinen Zugang mehr findet.“
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Pforzheimer Kurier vom 29.05.2012
von Sibylle Orgeldinger
Immer noch gibt keiner Antwort
“ (…) Und noch immer gibt es weltweit Soldaten, die von ihren Einsätzen mit verwundeter Seele zurückkehren und sich im Alltag nicht zurecht finden. „Posttraumatische Belastungsstörung“, heißt es heute. Die Aktualität des Stückes tritt auch in Ingo Putz` Inszenierung am Theater Pforzheim zutage, obwohl der geschichtliche Zusammenhang erhalten bleibt.
Falk Seifert spielt Beckmann mit alarmierender Intensität: eine ausgezehrte Gesatlt in Grau, die nicht in die durchweg schwarz-weiße Umgebung passen will. Die Bühne und die Kostüme hat Ulrike Melnik gestaltet: schwarze Kleidung und weißes Zubehör für die übrigen Figuren, schwarzes Mobilar, weiße Kleidungsstücke auf frei schwebenden Bügeln und rollenden Ständern, von denen sich die Figuren gelegentlich bedienen. Mit schwarzer Farbe malt sich Beckmann wiederholt seine Gasmaskenbrille ins Gesicht. Der Krieg hat seine Wahrnehmung verändert.
„Krieg: Gehungert. Gefroren. Geschossen. Sonst nichts“, antwortet Beckmann auf die Frage, was er denn bisher gemacht habe. Keine Qualifikationen für eine Karriere. Seine Mitmenschen wollen nichts mehr wissen vom Krieg. Der Oberst (Dario Krosely), dem Beckmann die Verantwortung zurückgeben will, lacht ihn aus. Der Kabarettdirektor (Jörg Bruckschen) weist ihn ab. „Wir haben doch längst das dickste Zivilleben.“ In der Wohnung seiner Eltern lebt nun Frau Kramer (Selda Vogelsang, herrlich spießig mit schwäbischer Aussprache), die lediglich bedauert, dass bei der Selbsttötung der Eltern Gas verschwendet worden sei. Nur das Mädchen (Christine Schaller) nimmt ihn bei sich auf. Dessen vermisster Mann kehrt mit nur einem Bein zurück und nimmt sich das Leben, als er Beckmann an seinem Platz findet – worauf Beckmann das der Krücken verfolgt.
„Draußen vor der Tür“ verbindet Wirklichkeit und Traum, Menschen mit allegorischen Figuren wie den gut gelaunten Tod, einen hilflosen Gott und die Elbe, in der sich Beckmann zu ertränken versucht. In der Pforzheimer Inszenierung formieren sich die Nebenfiguren ähnlich einem antiken Chor. Sie flüstern und brüllen, applaudieren und kommentieren das Geschehen. Doch sie bleiben sprachlos, als Beckmanns verzweifelte Frage „Gibt denn keiner eine Antwort?“, im Dunkeln verhallt.“